Forum Wohn-Bau-Politik

Agenda für ein neues Wohnrecht

Barbara Ruhsmann
Allgemein

Agenda für ein neues Wohnrecht

Das Forum Wohn-Bau-Politik legt einen Zwischenbericht des Projekts „Wohnrechtskonvent 2019/2020“ vor und zeigt dabei Bedarf an Grundsatzentscheidungen auf.
Zum Download des Berichts: Agenda für ein neues Wohnrecht

Ein wenig am Mietrecht zu schrauben und die Sanierung zu fördern – das genügt als Programm nicht mehr, um Wohnen in Österreich für alle bezahlbar zu erhalten bzw. zu machen und die Klimaziele zu erreichen. Vielmehr geht es darum, politische Grundsatzentscheidungen in drei eng miteinander verzahnten Kernbereichen nicht noch länger hinauszuzögern. Das betrifft die Bereiche:
1. Bodenpolitik/Raumordnung
2. Bestandspolitik/Mietrecht
3. Umfassende ökologische Sanierung des Wohnungsbestands (inkl. Dekarbonisierung)

Das ist das wichtigste Zwischenergebnis des Wohnrechtskonvents. Seit April letzten Jahres wurden zwei Online-Konsultationen durchgeführt – einmal nur unter Expert*innen, einmal unter Einbeziehung von Bürger*innen. Der nun vorliegende Ergebnisbericht mit dem Titel „Agenda für ein neues Wohnrecht“ listet die wichtigsten Aspekte dieser drei wohnpolitischen Kernbereiche auf, verdeutlicht die Fragestellungen und untersucht mögliche Optionen für politische Entscheidungen.

Grundsatzentscheidungen treffen

„Wir haben mit dem vorliegenden Bericht die Kernfragen herausgearbeitet, wo grundsätzliche Richtungsentscheidungen getroffen werden müssen – auch solche, die aufs Erste vielleicht schmerzhaft wirken“, sagt die Obfrau des Forum Wohn-Bau-Politik, Barbara Ruhsmann. Eine dieser Grundsatzentscheidungen betrifft den gesellschaftlichen Umgang mit Grund und Boden. Steigende Grundstückspreise sind ein wesentlicher Mitgrund für die Verteuerung von Wohnraum. Der Wert von Grund und Boden basiert allerdings sehr oft auf politischen Entscheidungen: via Raumordnung, städtischen Entwicklungskonzepten, Infrastruktur-Ausbau etc. Dazu kommt, dass die Ressource Boden endlich und nicht reproduzierbar ist. Wie weit darf die private Verfügung über Grund und Boden also gehen und wie soll mit Wertsteigerungen umgegangen werden? Ruhsmann: „Die Kernfrage ist so einfach wie basal: Kann ein nicht vermehrbares Gut weiter nur wie eine Ware betrachtet und gehandelt werden oder nicht? Für welche Antwort entscheiden wir uns als Gesellschaft?“

Neues Wohnrecht schaffen

Beim großen Bereich des Wohnrechts im engeren Sinn (Mietrechtsgesetz, Wohnungseigentumsgesetz, Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz) macht sich der jahrzehntelange Stillstand in der Wohnpolitik am deutlichsten bemerkbar, kritisiert der Initiator des Wohnrechtskonvents und Ehrenvorstand des Forum Wohn-Bau-Politik, Jörg Wippel: „Man hat immer nur ein bisschen an einzelnen Schrauben gedreht, stets im Spannungsfeld der unterschiedlichen Gruppeninteressen – manchmal ein bisschen mehr in die eine, dann wieder mehr in die andere Richtung. Das Ergebnis: Heute ist niemand wirklich mit dem Zustand zufrieden, gleichzeitig scheuen alle vor gründlichen Reformen zurück, wissend, wie viel Arbeit sich im Grunde aufgestaut hat.“

Der Reformbedarf, den die „Agenda für ein neues Wohnrecht“ auflistet, umfasst die Forderung nach einem neuen System der Mietzinsregulierung ebenso wie Vorschläge zur Neuregelung von Befristungen und Eintrittsrechten sowie zur Bekämpfung von Leerstand.

Wohnungsbestand „ökologisieren“

Eine der größten Herausforderungen für die nächsten 20 Jahre liegt in der Dekarbonisierung des österreichischen Wohnungsbestands. Um die Klimaziele zu erreichen, muss die thermische Sanierung in allen Bereichen – vom privaten Einfamilienhaus in Vorarlberg bis zum Wiener Gemeindebau – vorangetrieben werden und vor allem braucht es einen Stufenplan für den Austausch fossiler Heizsysteme und ihren Ersatz durch Fernwärme, Photovoltaik, Wärmepumpen etc. Im Neubau müssen außerdem Baustoffe mit hohem CO2-Abdruck durch nachhaltigere Materialien ersetzt werden.

Auf den Wohnungsbestand kommt somit ein hoher Sanierungs- und Investitionsbedarf zu. Schon derzeit verursachen aber Instandhaltung und Sanierung regelmäßig Konflikte, sei es zwischen Vermietern und Mietern oder im Wohnungs-Miteigentum. Ruhsmann: „Zustimmungsrechte und Duldungspflichten müssen überarbeitet werden. Und wir brauchen kluge Konzepte, damit es zwischen ökologischer Sanierung und Leistbarkeit zu keinem Zielkonflikt kommt.“

Weiterentwicklung im Dialog

Die „Agenda für ein neues Wohnrecht“ ist ein weiterer Zwischenschritt, sagt Jörg Wippel, und: „Der Wohnrechtskonvent als Gesamtes ist auch als Handreichung für die Politik zu verstehen. Wir haben als private Initiative – erstmalig in Österreich – ein Beteiligungsprojekt zum Thema Wohnrecht gestartet. Der nun vorliegende Bericht ist so ausgewogen wie fundiert. Jetzt geht es darum, die aufgeworfenen Fragen gemeinsam mit Bürger*innen und Expert*innen und im Dialog mit den politisch Verantwortlichen zu beantworten und einer konstruktiven Lösung zuzuführen.“

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