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Andrea Jany: Die Aufgaben des Bautenministeriums – Historie, Gegenwart, Zukunft
Barbara RuhsmannAllgemein
Historie
„Das Wohnungswesen umfasst die Gesamtheit der Institutionen, Aktivitäten und Regelungen zur Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum. Dazu gehören die Wohnungsbestände, die Wohnungswirtschaft, die staatliche und kommunale Wohnungspolitik sowie die Haushalte als Bedarfsträger bzw. Nachfrager.“[1]
Das Bundesministerium für Bauten und Technik[2] ist eine ehemalige österreichische Behörde, die zwischen 1966 und 1987 tätig war und unter anderem die Aufgaben des Wohnungswesens in der gezeigten Definition wahrgenommen hat.
Die Zuständigkeiten des Ministeriums[3] bezogen sich auf die Verwaltung und Koordinierung aller Hoch-, Tief- und Wasserbauten, das Elektro- und Maschinenwesen, das Vermessungswesen einschließlich der Liegenschaften des Bundes. Dies umfasste sowohl die wirtschaftlich-technische Forschung als auch das technische Versuchs-, Eich- und Normenwesen auf diesen Gebieten. Des Weiteren stellte es die berufliche Vertretung des Ingenieur- und Ziviltechnikerwesens dar.
Speziell sei hier erwähnt, dass im Bereich Hochbau die Angelegenheiten des Bau-, Wohnungs- und Siedlungswesens (u. a. Wiederaufbau, Wohnbauförderung, Volkswohnungswesen sowie der Raum- und Landesplanung) im Ministerium behandelt worden sind.
Im Jahr 1987[4] wurde das Bautenministerium mit dem Bundesministerium für Handel, Gewerbe und Industrie zum BM für wirtschaftliche Angelegenheiten zusammengelegt. Hieraus ist das heutige Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW) hervorgegangen.
Ende der 80er Jahre wurden die Angelegenheiten der Wohnbauförderung an die Bundesländer abgetreten. Im Jahre 2000[5] wurden die Themen des Tiefbaus an das BM für Verkehr, Innovation und Technologie abgegeben. Das BMWFW nimmt heute die übrigen Aufgaben des Bautenministeriums wahr. In dessen Geschäfts- und Personaleinteilung obliegt dem Center 1 – Wirtschaftspolitik, Innovation und Technologie – der Bereich Wohnungs- und Siedlungspolitik.
Gegenwart
Gegenwärtig ist der gesamtheitliche Zugang des ehemaligen Bautenministeriums auf drei große, verwaltungspolitische Organe verteilt:
- Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW)
- Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT)
- 9 Bundesländer
Eine übergeordnete Instanz, welche die aktuellen Fragen des Themenbereichs Wohn-Bau-Politik in seiner Gesamtheit behandelt, fehlt. Drängende Themen sind u. a. die Zweckbindung der Wohnbauförderung im Zusammenhang mit dem Finanzausgleich, die Reform des Wohnrechts, die Koppelung von städtebaulichen, raumplanerischen und verkehrspolitischen Zielen und eine bedürfnisorientierte Wohnbauforschung.
Zukunft
Meine Vision als Vorstandsmitglied des Forum Wohn-Bau-Politik ist die Errichtung eines Bautenministeriums NEU. Es braucht eine aktive und enge Vernetzung aller am System des Wohnungswesens Beteiligten sowie eine interdisziplinäre Zusammenarbeit, um die gegenwärtigen und zukünftigen Themen der Wohn-Bau-Politik zu lösen. Die Bündelung, Kommunikation und Lösungserarbeitung des Themenfeldes stellen hierbei wichtige Ziele dar.
Das Forum Wohn-Bau-Politik steht in diesem Zusammenhang für eine objektive, unabhängige, zukunfts- und bedürfnisorientierte Entwicklung des Bereiches Wohnen in Österreich.
Zur Autorin:
Andrea Jany studierte Architektur an der Bauhaus-Universität Weimar und der Virginia Tech in den USA. An der Stanford University in den USA vertieft sie ihr Wissen über historische und gegenwärtige Zusammenhänge einer sozialen Demokratie. Sie arbeitete 9 Jahre als Projektleiterin in der Planung. Ihr Schwerpunkt war hier der soziale Wohnbau. Sie ist Doktorandin der TU Graz und beforscht den sozialen Wohnbau der 1980er Jahre in der Steiermark. Des Weiteren ist sie in der Wohnbauforschung tätig. Ihr Schwerpunkt liegt hier auf den Wohnbedürfnissen der Gesellschaft.
[1] Kofner, Stefan: Wohnungsmarkt und Wohnungswirtschaft, München 2004
[2] Umgangssprachlich als „Bautenministerium“ bezeichnet.
[3] Stand vor Auflösung 1987
[4] Antritt der Bundesregierung Vranitzky II
[5] Antritt der Bundesregierung Schüssel I