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Jörg Wippel: Mietrecht – keine Reform um jeden Preis

Barbara Ruhsmann
Wohnbau

Replik zu „Berlin schafft, woran Wien scheitert“, Eric Frey, Standard, 25. 9. 2014

Jörg Wippel: Mietrecht – keine Reform um jeden Preis

Der „Standard“ berichtet in seiner Ausgabe vom 25. September über die von der deutschen Regierung beschlossene „Mietpreisbremse“. In einem Kommentar meint Eric Frey, dass der deutschen Koalition hier etwas gelungen sei, das sich die österreichische Regierung als Vorbild nehmen solle. Eine „Mietrechtsnovelle“ wäre nicht nur dringend notwendig, sondern auch „ein Lebenszeichen für die SP-VP-Koalition“. Dazu kann ich nur sagen: NEIN, bitte nicht.

Eine „Mietrechtsnovelle“ ist exakt nicht das Lebenszeichen, das wir uns von der österreichischen Regierung wünschen sollten. Eine weitere Novelle ist das wohl am wenigsten geeignete Mittel, um das heillos zersplitterte und selbst für Experten nicht mehr (nach)vollziehbare Mietrecht zu reformieren. Das österreichische Mietrechtsgesetz (MRG) müsste in Wirklichkeit gänzlich neu aufgesetzt werden und zwar in enger Abstimmung mit dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) und dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Ein neues umfassendes Bundeswohnrecht – das wäre ein großer Wurf, das wäre in der Tat ein beeindruckendes Lebenszeichen. Mit Justizminister Brandstetter verfügt die Regierung erstmals seit vielen Legislaturperioden über einen Minister, der grundlegend versteht, worum es geht. Die zentrale Frage ist, ob der politische Wille, der für den Kraftakt eines gerechten, verständlichen, judizierbaren Bundeswohnrechts vonnöten ist, aufgebracht werden kann. Voraussetzung dafür ist, nicht länger die sogenannte Expertengruppe, die bereits im Vorjahr von Ex-Ministerin Karl einberufen wurde, mit der Verantwortung für eine Reform alleine zu lassen. Denn die Experten werden zu keiner Einigung gelangen. Ihre Aufgabe besteht zuvorderst in der Wahrung der Interessen ihrer jeweiligen Klientel. Keine gute Voraussetzung für eine sachliche, konstruktive und lösungsorientierte Diskussion.

Was ist die Sache, um die es geht? U. a. die Frage, welcher Mieter für welche Wohnung rechtens wie viel Geld zu bezahlen hat, per Gesetz so zu klären, dass die Preisbildung für jeden Bürger nachvollziehbar ist. Für keinen Mieter ist zuvorderst relevant, wer seine Wohnung in welchem Jahr erbaut hat – ob ein freier oder gemeinnütziger Bauträger, ob gefördert oder ungefördert. Es geht ihm um die Qualität der Wohnung an sich. Jeder Wohnungssuchende und jeder schon Wohnende kann vermutlich innerhalb einer Viertelstunde zehn Kriterien aufzählen, die ihm wichtig sind – Zuschläge also – und zehn Kriterien, die er zwar in Kauf nehmen würde, die aber seine Wohnfreude eher reduzieren als steigern. Diese Kriterien taxativ in einen Gesetzestext zu gießen, sollte z. B. rein sachlich gesehen nicht so schwer sein.

Wie lange will die Republik Österreich es sich noch leisten, keinerlei Reformen anzugehen, sei es jetzt im Bereich Bildung, Steuern oder eben Wohnrecht, nur weil der ideologische Ballast so schwer wiegt, dass jede ergebnisorientierte Diskussion von vornherein auf der Strecke bleibt? Wie oft will man den Bürgern noch Tätigkeit vorspielen mit bestenfalls kosmetischen Korrekturen von Oberflächen?

Nein, mit einer Mietrechtsnovelle ist gar nichts getan. Bevor nur eine neue Novelle verabschiedet wird, die für weitere Verwirrung sorgt, sollte die Regierung ihre Energie lieber sparen und daran arbeiten, politischen Willen für wirklich tiefgreifende Reformen zu entwickeln.

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